Das große Lager war einer der rund 3000 Orte, an denen in Berlin während des Zweiten Weltkriegs ausländische und auch deutsche Zwangsarbeiter untergebracht waren. Eingesetzt wurden sie in Großbetrieben und kleinen Handwerksbetrieben, im öffentlichen Bereich, in privaten Haushalten und auch von den Kirchen. Auf Stralau arbeiteten Männer und Frauen aus der Sowjetunion, aus dem 1939 vom Deutschen Reich annektierten „Protektorat Böhmen und Mähren“, aus Polen, den Niederlanden und Frankreich. Sie wurden unter anderem bei der Brauerei Engelhardt, in der Stralauer Glashütte und bei den Victoria-Mühlenwerken zur Arbeit gezwungen. Einige kamen aus anderen Stadtbezirken, andere waren auf dem Gelände der Glashütte, in einem Saal der Gaststätte „Alte Taverne“, aber auch in einem Mietshaus Ecke Markgrafendamm untergebracht.
Auf dem Stralauer Dorffriedhof haben ebenfalls Zwangsarbeiter gearbeitet. Nachweisbar hat sich die Stralauer Gemeinde mit einem Darlehen an der Finanzierung des „Friedhofslagers“ auf dem St. Thomas-Friedhof in Neukölln beteiligt. Dort lebten unter menschenunwürdigen Bedingungen über 100 verschleppte Ukrainer und Russen, die für 39 evangelische und drei katholische Kirchengemeinden als Totengräber arbeiten mussten. Während des Bombenkriegs durften die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter,
wie auch Juden und Kriegsgefangene, die Luftschutzbunker nicht betreten. Manchmal wurde das Verbot von den Betrieben oder Kollegen ignoriert, aber meist blieben für die Verschleppten und Ausgegrenzten allein Splittergräben als Schutz vor den Bomben.
Im Stralauer Spreetunnel erhielten sie einen eigenen Abschnitt. Seit 1952 befand sich hier in einem Neubau eine Abteilung der Forschungsanstalt für Schifffahrt, Wasser- und Grundbau, ein bedeutender Wissenschaftsstandort, der 1990 geschlossen wurde.
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Das Restaurant Alte Taverne, Alt-Stralau 25–27, Sammelunterkunft für Zwangsarbeiterinnen im Speisesaal
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Eine der dort untergebrachten Frauen: Helena Petriková (oben), im Oktober 1942 mit anderen Tschechinnen, Foto für die Eltern
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Zwangsarbeiter aus den Niederlanden im Jahr 1943 vor einer Baracke des Lagers Alt-Stralau 44/45, 2. von rechts Meindert B., Zwangsarbeiter im Rüstungsbetrieb Paul Bielefeld im Wedding, später bei der AEG Turbinenfabrik
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Schlussabrechnung über die von den Kirchengemeinden gewährten Darlehen für den Bau des „Kirchenlagers“ in Berlin-Neukölln Evangelisches Landeskirchliches Archiv, Bestand Jerusalems- und Neue Kirchengemeinde/518
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Ausweis der Deutschen Arbeitsfront (DAF)